Progressive und regressive Assimilation

Assimilation ist ein phonologischer Prozess, bei dem sich ein Laut einem benachbarten Laut in mindestens einer Eigenschaft angleicht.

Assimilation ist der am häufigsten vorkommende phonologische Prozess und somit ein guter Einstieg in die phonologischen Prozesse verschiedener Sprachen, die es gibt. Assimilationen sorgen dafür, dass Sprecher Laute leichter aussprechen können. Es ist also ein sehr nützlicher Prozess.

Du brauchst auf jeden Fall Vorwissen, um die Erklärung zu verstehen! Gehen wir kurz durch, welche Themen du auf jeden Fall schon behandelt haben solltest. Du solltest:

Bei der Assimilation werden Laute aneinander angeglichen. Wenn man „das Brot“ in einem Satz verwendet und somit schnell ausspricht, dann wird der Laut [b] in Brot eher zu einem [p], also stimmlos. Das bedeutet, dass die Stimmbänder nicht vibrieren, wenn man diesen Laut spricht. „Das Brot“ hört sich also eher an wie „das Prot“. Dass der Laut [b] zu einem [p] wird, hört man vielleicht nicht direkt. Wenn man aber wirklich darauf achtet (evtl. sogar misst) und sich keine große Mühe beim besonders deutlichen Artikulieren gibt (also einfach nur normal schnell redet), dann kann man es hören.

Was ist passiert? In diesem Fall hat das [s] aus „das“ (das stimmlos ist) einen Einfluss auf den folgenden Laut [b] aus „Brot“ und gleicht es in Bezug auf seine Stimmhaftigkeit an. D. h. das [b] wird auch stimmlos, so wie es das [s] schon ist, und wird vom stimmhaften [b] zu einem stimmlosen [p]. Dies nennt man die „progressive Assimilation“ (also: „nach vorne gerichtet“). In der Fachliteratur wird die progressive Assimilation auch „perseverative Assimilation“ genannt. Warum nach vorne gerichtet? Man geht davon aus, dass vorne rechts ist und hinten links. Der Laut, der die Veränderung auslöst, steht links vom Laut, der angepasst wird. Also wirkt sich die Regel von links nach rechts, demnach nach vorne aus.

Noch ein Beispiel. In der Kombination „aus Dresden“ verliert das [d] in „Dresden“ seine Stimmhaftigkeit, obwohl der Laut [d] eigentlich ein stimmhafter Plosiv ist. Das Merkmal Stimmlosigkeit des Lautes [s] wirkt sich aber nach vorne gerichtet, also progressiv auf den folgenden Laut aus und macht das [d] zum stimmlosen [t].

Analog dazu geht das auch „nach hinten gerichtet“, also regressiv. Die regressive Assimilation nennt man auch „antizipative Assimilation“. Z. B. in der Kombination „In Bezug“. Das [n] aus „in“ wird eher wie ein [m] ausgesprochen. Das liegt daran, dass das [b] in „Bezug“ ein bilabialer Laut ist. Die Eigenschaft „bilabial“ überträgt sich rückwirkend auf den Laut [n] und macht ihn zu einem [m].

Beides waren jetzt Beispiele der Kontaktassimilation, da es direkt aufeinander folgende Laute betrifft. Bei der Fernassimilation stehen die betroffenen Laute nicht in unmittelbarem Kontakt.

Sehr häufig ist im Deutschen die Nasalassimilation. Bei der progressiven Nasalassimilation sorgt ein vorangehender Laut dafür, dass ein Nasal (im Deutschen oft der Laut [n]) angeglichen wird. Das sieht man zum Beispiel beim Wort „Haken“. Das [n] am Ende des Wortes, wird nicht als Nasal [n] gesprochen, sondern als velarer Laut [?]. Verursacht wird dies durch den vorhergehenden Laut [k], auch ein velarer Laut, und der genau diese Eigenschaft auf den Nasal [n] überträgt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist „legen“.

Regressive Nasalassimilation gibt es auch. Zum Beispiel beim Wort „sanft“. Der Laut [n] in wird zu einem [m], da der folgende Laut [f] sich rückwirkend auf den Laut [n] auswirkt. [f] ist ein labiodentaler Laut, [n] ein alveolarer Laut. [f] gleicht [n] an, indem die Artikulationsstelle angepasst wird.

Kurz zusammengefasst:

Assimilationen sind in den Sprachen der Welt die am häufigsten vorkommenden phonologische Prozesse. Bei der progressiven und bei der regressiven Assimilation wird ein Laut in mindestens einer Eigenschaft angeglichen. Wenn der Laut, der angepasst wird, nach dem Laut, der die Anpassung verursacht, folgt, spricht man von „progressiver“ oder „perseverative Assimilation“. Wenn er Laut, der angepasst wird, vor dem Laut, der die Anpassung verursacht, steht, spricht man von „regressiver“ oder „antizipativer Assimilation“.

Quellen

Eisenberg, P. (2009). Das Phonem und Graphem. In: Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Die Grammatik (8. überarbeitete Aufl., S. 19 – 56). Mannheim/Wien/Zürich: Dudenverlag.

Spillmann, H. O. (2000): Einführung in die germanistische Linguistik. Langenscheidt.

Šileikait?-kaishauri, D. (2015). Einführung in die Phonetik und Phonologie des Deutschen.

Hall, T. (2000). Alan: Phonologie. Eine Einführung.

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