Was ist Phonetik?

Die Sprachwissenschaft untersucht die menschliche Sprache. Da dies ein sehr großes Wissenschaftsgebiet ist, unterteilt man die Sprachwissenschaft in zahlreiche kleinere Teilgebiete wie zum Beispiel die Lexikologie, Pragmatik, Semantik, Syntax, Textlinguistik, Morphologie und noch viele mehr. Ein Zweig der Sprachwissenschaft ist die Phonetik. Aber was ist Phonetik genau?

Als Quelle verwenden (APA)

Methling, R. (2022, 25. Oktober). Was ist Phonetik? https://www.linguistik.online. Abgerufen am XX.XX.20XX, von https://linguistik.online/2021/09/29/was-ist-phonetik

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Begriff

Der Begriff „Phonetik“ bedeutet „Lautlehre“ oder auch „Stimmungslehre“. Er stammt vom griechischen Wort „phoné“, das „Laut“, „Ton“ oder „Stimme“ bedeutet. Dieses Grundwort begegnet uns auch häufig in anderen Wörtern wie „Grammofon“, „Telefon“ oder auch „Sinfonie“.

Lange bevor die Menschen schreiben konnten, sprachen sie bereits. Das ist so gut wie sicher. Die mündliche Sprache des Menschen kam also vor der Schriftsprache und ist somit die primäre Form. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Primat der mündlichen Sprache. Sie steht an erster Stelle.

Mündliche Sprache trägt in der Linguistik eine Sonderrolle. Dies nennt man: Primat der Mündlichkeit.

Was untersucht die Phonetik

Die Phonetik beschäftigt sich mit der mündlichen Sprache. Also eben nicht mit der Schriftsprache (wie wir schreiben) und auch nicht mit Gesten, die wir machen, wenn wir miteinander reden. Genauer gesagt, mit den hör- und messbaren Eigenschaften gesprochener Sprache. Die hör- und messbaren Elemente der Sprache kann man zwar nicht sehen, aber sie sind trotzdem „greifbar“. Greifbarer jedenfalls als zum Beispiel die Grammatik, das Regelsystem im Kopf der Menschen. Mithilfe von einem Mikrofon und Software kann man die Druckschwankungen, die beim Sprechen entstehen und in der Luft weitergeleitet werden, sichtbar machen (siehe Abbildung 1). Im Vergleich dazu: Grammatische Regeln können nicht gemessen und dargestellt werden. Sie sind immateriell.

Muster, das entsteht, wenn man Schallwellen mit Software sichtbar macht. Hiermit beschäftigt sich die Phonetik.
Abbildung 1: Wiedergabe von Schall

Hör- und messbar und somit für die Phonetik relevant sind Sprachlaute ([a], [b], [f], [k]), Silben (ent-, lau-, ung-), Wörter (Aufsatz, Vorstellung, Bild), Phrasen (auf den Baum, zu groß), Akzent (also die Betonung) und die Intonation (Tonhöhe beim Sprechen).

Die Methoden, mit denen die Eigenschaften gesprochener Sprache untersucht wird, stammen aus der Naturwissenschaft. Es wird das Wissen aus der Anatomie, Physiologie, Physik und Mathematik genutzt.

Allgemeine und sprachbezogene Phonetik

Nicht nur die Sprachwissenschaft hat Teilgebiete, sondern auch die Phonetik lässt sich wiederum in Zweige unterteilen. Die allgemeine Phonetik ist universell und befasst sich mit der Frage, wie menschliche Laute in allen Sprachen erzeugt, übertragen und empfangen werden, wohingegen sich die sprachbezogene Phonetik nur die auf die Laute einer bestimmten Sprache konzentriert.

Teilgebiete der Phonetik

Alle Fragen, mit denen sich die Phonetik beschäftigt, kann man noch einmal in drei Gruppen einteilen:

1. Artikulatorisch: Also die Frage: Wie werden Laute vom Sprecher erzeugt?
2. Akustisch: Wie ertönen Laute in der Luft?
3. Auditiv/perzeptiv: Wie werden Laute vom Hörer empfangen/verstanden?

Somit unterscheidet man auch drei Teilgebiete der Phonetik:

1. Die artikulatorische Phonetik, die vom Sprecher ausgeht.
2. Die akustische Phonetik, die das Schallsignal näher betrachtet.
3. Die auditive Phonetik, bei der der Hörer in den Mittelpunkt rückt.

Lernvideo: Teilgebiete der Phonetik

Artikulatorische Phonetik

Die artikulatorische Phonetik beschäftigt sich mit den Bewegungsabläufen bei der Sprachproduktion. Das heißt, dass man sich anschaut, was im Kehlkopf, Rachen-, Mund- und Nasenraum passiert. Wie arbeiten die Sprechorgane bei der Artikulation der einzelnen Sprachlaute zusammen? Denn jeder Laut unterscheidet sich von den anderen durch bestimmte Merkmale.

Früher verwendete man hierfür nur beobachtende Methoden, und verließ sich darauf, was das geschulte menschliche Ohr wahrnehmen kann. Heute verwendet man auch spezielle Geräte und Testverfahren. Dies nennt man „Experimentalphonetik“.

Akustische Phonetik

Die akustische Phonetik erforscht die Struktur der Schallsignale, misst die Frequenz und zum Beispiel auch das Spektrum. Es geht hierbei also um die physikalischen Eigenschaften von Lauten. Man stellt in der akustischen Phonetik zum Beispiel fest, welches Frequenzgemisch ein Vokal aufweist oder wie sich die Schallenergie bei der Öffnung eines Plosivs in der Zeit verändert.

In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die akustische Phonetik durch den schnellen Fortschritt der IT revolutioniert. Man entwickelte Techniken für die automatische Spracherkennung und –analyse sowie für die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine.

Auditive Phonetik

Die auditive Phonetik nennt man auch „perzeptive Phonetik“. Sie beschreibt den Aufbau und die Funktion des Hörorgans sowie die anatomischen und neurophysiologischen Vorgänge bei der Wahrnehmung und Entschlüsselung der Sprachlaute. Aber auch, wie Sprachlaute wahrgenommen werden.

Zusammenfassung

Phonetik untersucht die hör- und messbaren Eigenschaften gesprochener Sprache. Man unterscheidet drei Teilgebiete der Phonetik: Die artikulatorische Phonetik, die vom Sprecher ausgeht, die akustische Phonetik, die das Schallsignal näher betrachtet und die auditive Phonetik, bei der der Hörer in den Mittelpunkt rückt.

Über den Autor
Über den Autor

Ralf Methling ist Dozent für Germanistische Linguistik und Fremdsprachendidaktik in den Niederlanden. Als freiberuflicher Content Creator und Autor schreibt er über Themen aus der Sprachwissenschaft.

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Quellen

Spillmann, H. O. (2000): Einführung in die germanistische Linguistik. Langenscheidt.

Šileikait?-kaishauri, D. (2015). Einführung in die Phonetik und Phonologie des Deutschen.

Busch, A., & Stenschke, O. (2018). Germanistische Linguistik: eine Einführung. Narr Francke Attempto Verlag.

Dudenredaktion. (2020). Duden – Das Herkunftswörterbuch: Etymologie der deutschen Sprache (Duden – Deutsche Sprache in 12 Bänden) (6. Aufl., Bd. 7). Duden.

Eisenberg, P. (2009). Das Phonem und Graphem. In: Dudenredaktion (Hrsg.): Duden. Die Grammatik (8. überarbeitete Aufl., S. 19 – 56). Mannheim/Wien/Zürich: Dudenverlag.

Altmann, H., & Ziegenhain, U. (2010). Prüfungswissen Phonetik, Phonologie und Graphemik (Vol. 3323). UTB.

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