Wie entstehen Wörter?

Täglich kommen neue Wörter in den Wortschatz. Doch sie werden häufig nicht frei erfunden, sondern aus bereits bestehendem Material gebildet. Neben Fremdwörtern und Lehnwörtern sind es oft morphologische Prozesse, die den Wortschatz einer Sprache bereichern.

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Wörter erfinden

Kaum zu glauben, aber jeden Tag kommen neue Wörter in den Wortschatz. Wenn ich heute, am 4.6.2022, die Webseite von duden.de besuche, dann sehe ich, dass erst vor Kurzem die Wörter:

  • Coronapause,
  • vertwittern,
  • Klubkultur,
  • und Chancenplus

in das Onlinewörterbuch aufgenommen wurden. Alles Wörter, die aus Bestandteilen bestehen, die es bereits in der deutschen Sprache gibt. Komplett frei erfundene Wörter wie z. B. das Wort „Muggel“ (es bedeutet: Person, die nicht eingeweiht ist in etwas, von bestimmten Dingen nichts weiß) sind sehr selten und wenn, dann stammen sie meistens von einflussreichen Marken, wie das Wort „googeln“. Diesen Prozess nennt man Urschöpfung (auch: Wortneuschöpfung, Neologismus).

Wörter importieren

Wesentlich häufiger als die Urschöpfung ist das Übernehmen von Wörtern einer anderen Sprache. Diese Wörter nennt man Fremdwörter. Aber wie du anhand der neuen Wörter im Onlineduden gesehen hast, sind es oft auch keine Fremdwörter, die in den Wortschatz übernommen werden, sondern Wörter werden anhand bereits vorhandener Elemente gebildet.

Bestehende Wörter verbinden

Ein sehr häufiger Prozess, bei dem Wörter, die es schon gibt, verbunden werden, ist die Komposition. Sie ist so leistungsfähig, dass man das neue Wort sofort versteht, ohne dass man es vorher gesehen hat. Bei der Komposition werden freie Morpheme miteinander verbunden. Bestes Beispiel: das Wort „Coronapause“. Es besteht aus zwei Elementen: „Corona“ und „Pause“. Beide Wörter gibt es bereits, beide Wörter können auch einzeln in einem Satz verwendet werden. Die Bedeutung ist jedem sofort klar. Es handelt sich um eine Pause, die durch die Coronapandemie verursacht wurde.

Komposita können immer weiter erweitert werden. Aus „Coronapause“ kann ohne Probleme das Wort „Coronapausenbaby“ entstehen. Und daraus wiederum „Coronapausenbabyfoto“. Allerdings muss so ein Wort auch häufig genug verwendet werden, um zum Wortschatz gezählt zu werden. Da ich mir das Wort „Coronapausenbabyfoto“ gerade ausgedacht habe und bezweifle, dass es jetzt massenhaft verwendet wird, handelt es sich um eine Ad-hoc-Bildung.

Allerdings erlauben nicht alle Sprachen, Wörter mithilfe der Komposition zu bilden. Der „Apfelkuchen“ heißt im Französischen „tarte aux pommes“.

Eine besondere Form der Komposition ist die Wortverdopplung (auch: Reduplikation). Durch das Verdoppeln eines Elements eines Wortes entstehen neue Wörter. Aus „Uroma“ kann so „Ururoma“ werden.

Bestehende Wörter ableiten

Aus dem Adjektiv „schön“ kann durch Hinzufügen der Endung (auch: Suffix) „-heit“ das Wort „Schönheit“ werden. Es handelt es sich dann um ein Derivat (auch: Ableitung). Den Prozess der Wortbildung, bei dem ein Derivat entsteht, nennt man Derivation. Die Derivation unterscheidet sich von der Komposition dadurch, dass das Element, das hinzugefügt ist, kein freies Morphem, sondern ein gebundenes Morphem ist. Die Endung „-heit“ kann nicht alleine stehen, sondern muss immer an ein bereits bestehendes Wort gebunden werden. Es gibt keine Möglichkeit, die Endung „-heit“ als ein eigenes Wort in einem Satz zu verwenden. Zum Vergleich: Bei dem Wort „Coronapause“ können beide Elemente „Corona“ und „Pause“ auch als unabhängige Wörter verwendet werden.

Andere Elemente, die ein Derivat bilden können, sind Präfixe wie „um“ in „Umweg“, die vor dem abgeleiteten Wort stehen und Zirkumfixe, die das freie Morphem umschließen: „Gewarte“. Infixe, die in das Wort eingeschoben werden, gibt es im Deutschen nicht, aber z. B. im Kambodschanischen. Präfixe, Suffixe, Zirkumfixe und Infixe fasst man zusammen als Affixe.

Die Wortart wechseln

Eine weitere Möglichkeit, Wörter zu bilden, ist die Konversion. Dabei werden weder Affixe noch freie Morpheme verwendet. Bei der Konversion wird die Wortart gewechselt. Genau das ist der Fall beim Verb „sehen“, das auch als Substantiv „das Sehen“ verwendet werden kann. Parallel zum Adjektiv „hoch“ existiert das Substantiv „Hoch“.

Wörter kürzen

Neue Wörter können auch einfach die Kurzform eines langen Wortes sein. Anstelle von „Tourist“ kann man auch das Wort „Touri“ verwenden. Das nennt man Kurzwortbildung.

Zusammenfassung

Der Wortschatz einer Sprache vergrößert sich hauptsächlich durch Lehnwörter, Fremdwörter und manchmal auch durch Neologismen. Häufig sind es aber morphologische Prozesse, die zu neuen Wörtern führen. An erster Stelle stehen die Komposition und Derivation. Aber auch Konversion und Kurzwortbildung kommen vor.

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Quellen

Methling, R. (2022): Warum die Wörter im Deutschen so lang sind. Dudenverlag

„Muggel“ auf Duden online. URL: https://www.duden.de/node/713429/revisions/1380643/view (Abrufdatum: 04.06.2022)

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