Du bist fasziniert von der Kraft der Sprache und wie sie uns immer wieder überrascht? Dann bist du hier genau richtig! Heute tauchen wir gemeinsam in die Welt einer besonderen rhetorischen Figur ein: die Synekdoche.
Dieses Stilmittel begegnet uns in Texten aller Art, von literarischen Werken bis hin zur Alltagssprache, und gehört zur großen Gruppe der sogenannten Tropen. Stell dir vor, du sagst etwas, meinst aber eigentlich etwas anderes, das ganz eng damit verbunden ist – das ist der Kern der Synekdoche.
Was ist eine Synekdoche?
Die Synekdoche ist ein Stilmittel, das einen Begriff durch einen anderen ersetzt, der aus demselben Bedeutungsfeld stammt. Das Besondere daran ist, dass der Ersatzbegriff entweder ein Teil des eigentlichen Wortes ist oder ein Oberbegriff dafür. Das heißt, die Bedeutung kann dabei enger oder auch weiter gefasst sein.
Im Grunde geht es immer um eine Beziehung zwischen dem Ganzen und einem Teil – oder umgekehrt. Diese enge Verbindung unterscheidet die Synekdoche auch von anderen rhetorischen Figuren, aber dazu später mehr.
Woher kommt der Begriff „Synekdoche“?
Der Begriff Synekdoche hat eine interessante Herkunft. Er lässt sich aus dem Altgriechischen ableiten: συνεκδοχή (synekdochḗ). Übersetzt bedeutet das so viel wie „Mitverstehen“.
Vielleicht denkst du jetzt: „Mitverstehen? Das hilft mir aber nicht sofort, die Funktion dieses Stilmittels zu erkennen!“ Und du hast recht. Anders als bei manchen anderen Stilfiguren, bei denen die Übersetzung schon einen klaren Hinweis auf ihre Wirkung gibt (denk nur an den Pleonasmus oder die Klimax), verrät uns die Herkunft der Synekdoche nicht auf den ersten Blick, wie sie genau funktioniert. Deshalb ist es umso wichtiger, sich die Beispiele anzusehen!
Das Prinzip der Synekdoche: Teil und Ganzes
Wie bereits erwähnt, dreht sich bei der Synekdoche alles um das Verhältnis von Teil und Ganzem. Das kann in zwei Richtungen funktionieren:
Teil für das Ganze (Pars pro toto)
Dies ist wahrscheinlich die bekannteste Form der Synekdoche und wird oft sogar fälschlicherweise als alleinige Definition für die Synekdoche betrachtet, obwohl sie nur ein Spezialfall ist. Hier steht ein kleiner Teil stellvertretend für das große Ganze. Ein super Beispiel aus dem Alltag ist, wenn jemand sagt:
- „Wir suchen noch ein Dach über dem Kopf.“
Du siehst sofort: Hier ist nicht nur das Dach gemeint, sondern das ganze Haus oder die ganze Wohnung. Das Dach ist eben ein elementarer Teil eines Hauses.
Es gibt übrigens zahlreiche solcher Formulierungen, die dir sicher schon mal begegnet sind:
- „Wir brauchen kluge Köpfe für das Projekt.“ (Hier steht „Köpfe“ für „Personen“.)
- „Iss deinen Teller leer!“ (Gemeint ist natürlich die ganze Mahlzeit auf dem Teller.)
- „Die Raute hat gesprochen.“ („Die Raute“ steht für Angela Merkel.)
Das Prinzip ist klar, oder? Ein kleiner, oft prägnanter Teil steht für ein größeres Ganzes.
Ganzes für den Teil (Totum pro parte)
Doch die Synekdoche kann auch genau umgekehrt funktionieren: Das Ganze steht für einen kleinen Teil. Das klingt vielleicht erstmal verwirrend, ist aber mit einem Beispiel schnell verständlich:
- „Deutschland begrüßt die Handlungsweise.“
Meinst du wirklich, das gesamte Land – jeder einzelne Bewohner Deutschlands – begrüßt diese Handlungsweise? Wohl kaum! Vielmehr ist damit die Regierung des Landes gemeint. Hier steht also das große Ganze („Deutschland“) für einen spezifischen, kleinen Teil davon (die „Regierung“).
Interessant ist hierbei übrigens auch, dass das Land in diesem Satz quasi vermenschlicht wird, als ob es selbst agieren könnte – das ist dann zusätzlich noch eine Personifikation, eine weitere rhetorische Figur!
Abgrenzung zu verwandten Stilmitteln
Die Synekdoche ist nicht allein auf der Stilmittel-Party! Sie hat ein paar Verwandte, mit denen sie gerne mal verwechselt wird, weil sie auf den ersten Blick ähnlich funktionieren. Doch schaut man genauer hin, gibt es wichtige Unterschiede.
Synekdoche vs. Metapher
Die Metapher ist wohl das bekannteste aller Stilmittel und ersetzt, genau wie die Synekdoche, einen Begriff durch einen anderen. Der entscheidende Unterschied liegt aber in der Beziehung zwischen den beiden Begriffen. Bei der Metapher stammt der ersetzende Begriff nicht aus demselben Bedeutungsfeld und ist auch kein Unter- oder Oberbegriff des gemeinten Wortes. Es besteht keine direkte, logische Teil-Ganzes-Beziehung.
Denk an das Beispiel:
- „Das Wüstenschiff kam langsam näher.“
Hier ist das Kamel gemeint. Aber hat ein Kamel wirklich etwas mit einem Schiff zu tun? Nein, nicht im wörtlichen Sinne. Das Wort „Wüstenschiff“ ist eine freie Übertragung, die auf einer Ähnlichkeit basiert (langsame, schaukelnde Bewegung, Transportmittel). Hier wurde ein Wort durch ein anderes ersetzt, das mit dem Kamel selbst nicht verwandt ist und aus einem ganz anderen Begriffsfeld stammt.
Würden wir den Satz aber umformulieren in:
- „Diese Höcker werden uns sicher ans Ziel bringen!“
Das wäre eine Synekdoche! Warum? Ganz einfach: Die Höcker sind ein konkreter, physischer Teil des Kamels. Hier steht ein Teil (die Höcker) für das Ganze (das Kamel).
Synekdoche vs. Metonymie
Die Beziehung zwischen Synekdoche und Metonymie ist noch enger. Tatsächlich wird die Synekdoche manchmal sogar als spezielle Form der Metonymie angesehen. Doch auch hier gibt es Feinheiten, die sie voneinander unterscheiden, auch wenn die Übergänge fließend sein können.
Bei der Metonymie wird ein Begriff durch einen anderen ersetzt, der in einem realen, sachlichen oder geistigen Zusammenhang zu dem steht, was der eigentliche Begriff bezeichnet. Das kann zum Beispiel die Beziehung zwischen Erzeuger und Produkt sein, oder Material und Objekt.
Nehmen wir ein Beispiel:
- „Das scharfe Eisen war sein Untergang.“
Hier ist nicht das Material Eisen gemeint, sondern eine Waffe, die aus Eisen besteht, zum Beispiel ein Schwert. Da die Waffe aus Eisen geschmiedet wurde, gibt es einen ganz realen Bezug zwischen dem ersetzenden Begriff („Eisen“) und dem eigentlichen Begriff („Waffe“), der auf einer materiellen Verbindung basiert. Es ist keine Teil-Ganzes-Beziehung im Sinne der Synekdoche.
Würden wir den Satz aber folgendermaßen umgestalten:
- „Diese Klinge wird dein Ende sein!“
Dann hätten wir eine Synekdoche! Die Klinge ist ein direkter, physischer Teil der Waffe (z.B. eines Schwertes). Hier steht der Teil (die Klinge) für das Ganze (die Waffe).
Du siehst also: Bei der Metonymie gibt es eine Art Nachbarschaftsbeziehung (Ursache/Wirkung, Gefäß/Inhalt, Material/Produkt), während die Synekdoche immer eine direkte Teil-Ganzes-Beziehung beschreibt.
Fazit: Die Synekdoche im Überblick
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Synekdoche eine faszinierende rhetorische Figur ist, die uns hilft, Sprache prägnanter, bildhafter oder auch mal überraschender zu gestalten. Sie beschreibt stets eine klare Beziehung zwischen dem Ganzen und einem Teil. Die lateinischen Begriffe Pars pro toto (Teil für das Ganze) und Totum pro parte (Ganzes für den Teil) fassen diese beiden Hauptformen perfekt zusammen.
Auch wenn die Grenzen zu anderen Stilmitteln wie der Metonymie manchmal fließend sein mögen, ist das Kernprinzip der Synekdoche immer die unmittelbare, inhaltliche Verknüpfung von Teil und Ganzem. Wenn du jetzt das nächste Mal liest oder sprichst, achte doch mal darauf, wo dir eine Synekdoche begegnet – du wirst überrascht sein, wie oft sie in unserem Sprachgebrauch vorkommt!
Quellen
- Wikipedia. (05.08.2025). Synekdoche. In Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/synekdoche
- Dudenredaktion (o. J.): „Synekdoche“ auf Duden online. URL: https://www.duden.de/node/178253/revision/1456310 (Abrufdatum: 06.08.2025)
- DWDS. (05.08.2025). Synekdoche. In Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. https://www.dwds.de/wb/synekdoche