Semantik ist die Lehre von der Bedeutung. Das ist im Grunde schon die Definition. Wenn Semantik die Lehre von der Bedeutung ist, dann muss man sich zwangsläufig auch fragen, was denn dann „Bedeutung“ ist.
Zu Beginn solltest du dich erstmal fragen, ob du schon weißt, was mit der Inhalts- und Ausdrucksseite des sprachlichen Zeichens gemeint ist. Denn darauf werde ich an einigen Stellen verweisen.
Es gibt verschiedene Theorien zum Begriff „Bedeutung“. Einerseits gibt es die sogenannten referentiellen Bedeutungstheorien, in denen die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens die außersprachliche Einheit ist, für die das Zeichen steht. Also etwas vereinfacht ausgedrückt: Die Bedeutung eines Ausdrucks sind die Dinge in der Welt, die durch diesen Ausdruck bezeichnet werden. Das durch ein Zeichen bezeichnete Objekt nennt man auch Referent. Vor allem anhand von Eigennamen lässt sich das gut erklären. Der Eigenname „Ralf Methling“ referiert auf das Individuum Ralf Methling. Die Beziehung zwischen beiden, also der Ausdruck und das Individuum, nennt man Referenz oder Extension.
Das ist natürlich schon eine ganz brauchbare Herangehensweise, aber sehr weit kommt man damit natürlich nicht. Wie es nämlich mit Wörtern wie „dort“? Oder „Einhorn“? Der berühmte Schweizer Linguist Ferdinand de Saussure hat sich auch stark gegen einen solchen referentiellen Ansatz ausgesprochen. Er folgt eher einem Ansatz, der zu den mentalistischen Bedeutungstheorien zählt. Das Bezeichnete ist darin ein Vorstellungsbild. Also Ausdrücke erhalten ihre Bedeutung dadurch, dass wir sie uns in unserem Kopf vorstellen können. Klar, bei Wörtern mit einem konkreten Inhalt wie „Stuhl“ oder „Katze“ passt das. Aber unter den Begriff Stuhl fallen viele verschiedene Stühle wie „Schreibtischstuhl“, „Hocker“, „Drehstuhl“. Und wie ist es mit Begriffen wie „Frieden“ oder der Konjunktion „wenn“? Haben wir davon auch eine Vorstellung? Hm … bis zu einem gewissen Grad schon, aber es gibt Grenzen. Das heißt, auch der Ansatz, dass Bedeutung ein Vorstellungsbild im Kopf ist, ist noch nicht ganz zufriedenstellend.
Überlegen wir noch einmal weiter. Wenn ich über einen Stuhl rede und du dich überhaupt nicht fragst, was ein Stuhl ist, dann muss es also so etwas geben wie eine Absprache zwischen uns. Aber die haben wir nicht bewusst getroffen. Wir haben uns nicht an einen Tisch gesetzt und vereinbart, was wir beide unter dem Begriff „Stuhl“ verstehen, sondern es ist eine ganz unbewusste sprachliche und soziale Konvention. Jeder weiß anscheinend, was gemeint ist. Aber wo kommt diese Konvention dann her? Na ja, wir sind Individuen, die in einer Sprachgemeinschaft leben und auf geteiltes Wissen zurückgreifen und dieses Wissen ganz regeltreu befolgen. Diese Bedeutungstheorie fällt in den Bereich der konventionalistischen Bedeutungstheorie. Ein wichtiger Name in diesem Bereich ist Ludwig Wittgenstein (1889-1951), der sagte: „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“ (Wittgenstein 2001: Paragraf 43).
Quellen
Schlobinski, P. (2014). Grundfragen der Sprachwissenschaft: eine Einführung in die Welt der Sprache (n) (Vol. 4125). UTB.