Die Tomate: Vom Azteken-Wort zum Paradeiser

Sie ist rot, rund und hat unsere Küchen revolutioniert: die Tomate! Aber hast du dich jemals gefragt, woher dieser Name eigentlich kommt oder warum man in Österreich stattdessen vom Paradeiser spricht? Tauche mit uns ein in eine faszinierende Reise durch die Sprachgeschichte einer unserer Lieblingsfrüchte.

Die Wurzeln der Tomate: Vom Aztekenreich in unsere Sprache

Lange bevor die Tomate ihren Weg in unsere Gärten fand, flüsterten die Azteken in Mesoamerika bereits ihren Namen. Ohne sie gäbe es tatsächlich einige besondere Wörter nicht in unserer deutschen Sprache. Denk nur an Begriffe wie Avocado, Axolotl, Chili oder Kojote. Und eben auch die Tomate!

Diese Wörter sind eng mit der spanischen Eroberung Amerikas, der sogenannten Conquista, verbunden. Die Spanier lernten diese Begriffe von den Azteken kennen und übernahmen sie ins Spanische. Von dort aus traten sie dann ihre weite Reise an und kamen schließlich auch in den deutschen Sprachraum.

Die Azteken selbst nannten, was wir heute als Tomate verstehen, xītomatl. Mit dem ursprünglichen tomatl meinten sie eher eine kleinere, grüne, von Hüllblättern umschlossene Frucht, die heute als Tomatillo bekannt ist und oft in der mesoamerikanischen Küche verwendet wird. Es ist doch spannend, wie sich die Bedeutung eines Wortes über die Jahrhunderte hinweg verschieben kann!

Die Tomate erobert Deutschland – langsam aber sicher

Laut dem DWDS (Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache) ist das Wort Tomate eine Entlehnung aus dem Spanischen, das wiederum auf das ursprüngliche Nahuatl-Wort tomatl zurückgeht. Das erste Mal tauchte das Wort Tomate im Deutschen im Jahr 1601 auf. Aber Achtung: Obwohl das Wort schon so früh belegt ist, wurde die Tomate bei uns tatsächlich erst im 20. Jahrhundert systematisch als Nutzpflanze angebaut. Für sehr lange Zeit war man also an ihrem Geschmack kaum interessiert – ein fast unvorstellbarer Gedanke in Zeiten von Pasta mit Tomatensoße!

Europa und die vielen Namen der Tomate

Die Entlehnungsgeschichte des Wortes ist auch der Grund, warum in sehr vielen europäischen Sprachen ähnliche Begriffe für die Tomate verwendet werden, die alle auf das aztekische tomatl zurückgehen. Aber klar, Ausnahmen bestätigen die Regel!

Ein prominentes Beispiel ist Italienisch, wo die Tomate als pomodoro bekannt ist – wörtlich übersetzt „Goldapfel“, vermutlich wegen gelber Tomatensorten, die dort ursprünglich verbreiteter waren. Und dann haben wir natürlich noch den österreichischen Paradeiser. Aber was genau ist das eigentlich? Lass uns das genauer unter die Lupe nehmen.

Paradeiser: Ein Blick in die Sprachgeschichte

Um das Geheimnis des Paradeisers zu lüften, müssen wir uns wieder ein wenig mit der Sprachgeschichte beschäftigen. Das Wort lässt sich gut in zwei Bestandteile aufteilen: Paradeis und die Endung -er.

Der Bestandteil „Paradeis“

Der erste Teil, Paradeis, ist eine ältere Form, die zum uns bekannten Wort Paradies gehört. Im Alt- und Mittelhochdeutschen sagte man dazu auch paradîs, mit einem langen „i“. Dieses Wort stammt ursprünglich aus dem Kirchenlatein, vom lateinischen paradīsus.

In der deutschen Sprachgeschichte ist übrigens oft folgendes passiert: Ein langes „î“ (wie in paradîs) wurde im Neuhochdeutschen regulär zu einem „ei“. Denk nur an „mîn“, das zu „mein“ wurde, oder „lîp“, das wir heute als „Leib“ kennen. Bei Paradeis haben wir genau diesen erwarteten Diphthong „ei“. Allerdings wurde diese Form im Laufe der Zeit wieder verdrängt, vermutlich weil man das Wort wieder an das kirchenlateinische Vorbild Paradies angleichen wollte. Laut DWDS ist Paradeis also eine ältere Variante von Paradies.

Das rätselhafte Suffix „-er“

Das -er in Paradeiser ist nicht ganz so leicht zu bestimmen, das macht es spannend! Es gibt verschiedene Erklärungsansätze:

Ein sehr plausibler Ansatz ist, dass hier das Wort Paradiesapfel zugrunde liegt und das -er sozusagen ein Rest des Bestandteils Apfel ist. Das Wort Paradiesapfel ist schon seit mittelhochdeutscher Zeit belegt und wird auch heute noch in einigen Gegenden verwendet. Ursprünglich meinte man mit Paradiesapfel übrigens eigentlich den Granatapfel. Der Begriff könnte dann, aufgrund optischer Ähnlichkeiten, auf die damals neuartige Tomate übertragen worden sein. Das DWDS stützt diese Vermutung und nennt Paradeiser als die österreichische Bezeichnung für Tomate, vermutlich aus Paradiesapfel entstanden.

Diese Theorie würde auch erklären, warum man „der Paradeiser“ sagt – genau wie „der Apfel“. Rein lautlich ist der zweite Bestandteil zwar nicht mehr eindeutig dem „Apfel“ zuzuordnen, aber die sprachliche Entwicklung ist manchmal einfach nicht glatt, oder? Es könnte sein, dass „Apfel“ bis zum „a“ reduziert wurde und man dann „er“ dafür schrieb, weil man es mit dem „a“-Laut am Wortende assoziierte (wie bei Wörtern wie „Lehrer“ oder „Kinder“, wo das „-er“ oft als „a“-Laut ausgesprochen wird).

Eine andere Idee wäre, dass es sich um das bekannte Suffix -er handelt, das wir aus Wörtern wie „Österreicher“, „Bohrer“ oder „Tiefwurzler“ kennen. Allerdings passt die Bedeutung hier nicht wirklich zum Wort „Paradeis“. Dieses Suffix bezeichnet normalerweise eine Person, ein Gerät oder etwas, das eine bestimmte Eigenschaft hat. Ein Paradeiser ist aber ganz sicher keine „Person, die im Paradies wohnt“, oder? Deshalb wird dieser Ansatz meist als weniger wahrscheinlich betrachtet.

Fazit: Eine Tomate voller Geschichten

Wie du siehst, ist die Geschichte der Tomate und ihrer Namen alles andere als simpel. Von den aztekischen Feldern über spanische Schiffe bis hin zu den heimischen Küchen in Österreich und Deutschland – die Tomate hat eine beeindruckende sprachliche Reise hinter sich. Jedes Wort, das wir täglich verwenden, kann eine solche faszinierende Geschichte verbergen. Und genau das macht Linguistik doch so spannend, findest du nicht auch?

Quellen

  • umbigrabanti. (2025, 16. July). Warum die Tomate mehrere Namen hat [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=njU-dV_7NOs
  • Wikipedia. (04.08.2025). Tomate. In Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Tomate
  • DWDS. (04.08.2025). Tomate. In Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. https://www.dwds.de/wb/Tomate
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