Was ist Präsens?

Das Präsens ist die Zeitform für die Gegenwart. Das ist aber nicht immer der Fall. In bestimmten Kontexten kann es auch für die Vergangenheit oder die Zukunft verwendet werden.

Begriff

Das Präsens nennt man auch „Gegenwart“, „Gegenwartsform“ oder „Präsensform“.

Das Präsens verwendet man, wenn man etwas beschreibt, das jetzt gerade stattfindet. Es drückt aus, dass der Vorgang sich im Augenblick des Sprechens vollzieht. Also während man den Satz sagt (oder liest), geschieht es auch.

„Es schneit.“

Dieser Satz bedeutet, dass es jetzt gerade schneit. Die Handlung spielt sich also momentan ab. Das nennt man „aktuelles Präsens“. Die Information, dass es sich um die Gegenwart handelt, ist versteckt am Verb „schneit“ zu erkennen. Anhand der Endung „-t“ kann man es sehen, denn im Deutschen verschmilzt die Zeitform oft mit dem Verb.

Bildung des Präsens

Allerdings ändert sich die Endung manchmal, wenn sich die Person ändert. Im Beispielsatz „Es schneit“ handelt es sich um eine 3. Person Singular „es“. Wenn die erste Person Singular (ich) verwendet wird, lautet die Endung „-e“. Bei der zweiten Person Singular (du) „-st“ und bei der 1. Person Plural (wir) und der 3. Person Plural (sie/Sie) verwendet man ein „-en“. Die folgende Tabelle zeigt dir die verschiedenen Formen in der Gegenwart der Verben deutscher Sprache.

Singular
1. Personichwohne
2. Personduwohnst
3. Personer, sie, es, manwohnt
Plural
1. Personwirwohnen
2. Personihrwohnt
3. Personsiewohnen
formelle Anrede
(Singular & Plural)
Siewohnen

Das Deutsche unterscheidet regelmäßige Verben und unregelmäßige Verben. Das Verb „wohnen“ zählt zu den Regelmäßigen, weil sich nur die Endungen nach dem Schema: -e, -st, -t, -en, -t, -en ändern. Es ist eines von vielen regelmäßigen Verben. Bei unregelmäßigen Verben wird z. B. zusätzlich ein „-e“ eingefügt (reden -> „du redest“) oder der Stamm wird geändert (laufen ->„du läufst“). Am besten lernst du darum alle unregelmäßigen Verben mit ihren Zeitformen auswendig, wenn Deutsch nicht deine Muttersprache ist.

Weitere sehr häufige Zeitformen im Deutschen lauten: Perfekt und Präteritum, wobei das Perfekt von beiden häufiger verwendet wird. Perfekt und Präteritum beschreiben keine Geschehnisse in der Gegenwart, sondern meistens in der Vergangenheit.

Die temporalen Funktionen des Präsens

Doch die Gegenwartsform beschreibt nicht nur Aktivitäten in der Gegenwart. Sie hat noch weitere Funktionen. Man kann damit die Vergangenheit beschreiben, oder sogar die Zukunft, oder eine Handlung, die gar nicht jetzt gerade stattfindet, sondern immer in bestimmten Situationen. Diese Rollen nennt man temporale (= zeitliche) Funktionen. Eine temporale Funktion kennst du bereits: das aktuelle Präsens.

Mit dem Präsens kann man auch Vorgänge in der Vergangenheit oder Zukunft beschreiben.

Lernvideo: Die temporalen Funktionen des Präsens?

Das generelle Präsens

Eine weitere temporale Funktion ist das generelle Präsens, das man auch atemporales Präsens nennt. Man erkennt es daran, dass ein allgemeingültiger, zeitlich unbegrenzter Sachverhalt, eine Wiederholung oder auch eine Gewohnheit ausgedrückt wird.

Beispiel

Wenn du zum Beispiel ein Schild mit dem Text „Der Hund beißt“ siehst, dann handelt es sich nicht um das aktuelle Präsens. Der Hund beißt ja wahrscheinlich nicht in diesem Moment jemanden, sondern er beißt immer, wenn man ihm zu nahe kommt.

Warnschild mit der Aufschrift: „Achtung! Hund beißt.“ Es handelt sich um das generelle Präsens.
„Achtung Hund beißt!“ – Das generelle Präsens

Das historische Präsens

Eine dritte temporale Funktion ist das historische Präsens. Damit kann man Vergangenes darstellen, ohne dass man das Perfekt oder das Präteritum verwendet. Vor allem in Lexika findet man diese Gegenwartsform häufig.

Beispiel

„1492 entdeckt Kolumbus Amerika“ ist ein Satz, der ein Ereignis in der Vergangenheit beschreibt. Trotzdem steht hier die Gegenwartsform.

Durch das historische Präsens bekommt die Aussage mehr Lebendigkeit. Das merkt man vor allem beim sogenannten szenischen Präsens: „Neulich gehe ich in den Supermarkt und du glaubst nicht, wen ich dort treffe.“ Du merkst, die Darstellung wird wesentlich dramatischer und lebhafter. In literarischen Texten wird das auch das epische Präsens genannt.

Das futurische Präsens

Schließlich gibt es noch das futurische Präsens. Hiermit kann man über die Zukunft sprechen, also über ein zukünftiges Geschehen.

Beispiel

Wenn man gefragt wird, wohin man in den nächsten Urlaub fährt, kann man sagen: „Wir fahren an die Nordsee.“ Also eben nicht jetzt, nicht generell, nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft.

Oft wird dann zusätzlich eine Zeitangabe (= Temporalangabe) gemacht, wie „nächsten Sonntag“. Somit ist deutlich, dass es sich tatsächlich um ein Ereignis in der Zukunft handelt.

Zusammenfassung

Das Präsens ist die Zeitform für Handlungen, die jetzt aktuell stattfinden. Es hat insgesamt vier Aufgaben, die man temporale Funktionen nennt: das aktuelle, das generelle, das historische und das futurische Präsens.

Titel: das Präsens. Pfeile zeigen auf vier Klebezettel. Auf jedem Zettel steht eine temporale Funktion des Präsens.
Über den Autor
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Ralf Methling ist Dozent für Germanistische Linguistik und Fremdsprachendidaktik in den Niederlanden. Als freiberuflicher Content Creator und Autor schreibt er über Themen aus der Sprachwissenschaft.

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Quellen

Schümann, M. (2010). Aktuelles Präsens. In: Hentschel, E. (Hrsg.): Deutsche Grammatik. Berlin, New York: De Gruyter.

Buscha, A., & Szita, S. (2010). A Grammatik. Übungsgrammatik Deutsch als Fremdsprache. Sprachniveau A1-A2. Leipzig: Schubert-Verlag.

Buscha, A., & Szita, S. (2010). B Grammatik. Übungsgrammatik Deutsch als Fremdsprache. Sprachniveau B1-AB. Leipzig: Schubert-Verlag.

Buscha, A., & Szita, S. (2010). C Grammatik. Übungsgrammatik Deutsch als Fremdsprache. Sprachniveau C1-C2. Leipzig: Schubert-Verlag.

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