Wörter, die in einem Satz stehen, haben häufig eine Beziehung zueinander. Man kann sie nicht voneinander trennen und nur zusammen im Satz verschieben. Es handelt sich dabei um Satzglieder. Ein solches Satzglied ist auch das Genitivobjekt. Wie erkennt man es?
Genitivobjekte werden auch als „Genitivergänzungen“ oder „Genitivkomplemente“ bezeichnet. Sie hängen immer von einem bestimmten Verb ab. Mit anderen Worten, es gibt Verben, die unbedingt ein Genitivobjekt im Satz haben möchten. Dies wird auch als „Genitivrektion“ bezeichnet.
Beispiel
Im Satz: „Die Kritik entbehrt jeglicher Grundlage“ ist „jeglicher Grundlage“ ein Genitivobjekt. Das Verb „entbehren“ muss immer mit einem Genitivobjekt stehen.
Das Problem mit der Frage „wessen“
In der Schule lernen viele, dass man das Genitivobjekt mit „wessen“ erfragen kann. Das ist aber leider nicht immer richtig und führt oft zur falschen Antwort oder verwirrt, wenn man die Frage nicht richtig anwendet. Wie in diesem Beispiel hier:
„Das Auto meiner Mutter ist kaputt.“
Man kann fragen: „Wessen Auto ist kaputt?“. Die Antwort darauf lautet: „meiner Mutter.“ Doch es handelt sich dabei definitiv nicht um ein Genitivobjekt. Man hat nur einen Satzteil, der im Genitiv steht (ein Genitivattribut in diesem Fall) erfragt. Denn nicht alles, was im Genitiv steht, ist ein Genitivobjekt.
In den folgenden Abschnitten zeige ich dir, wie du immer eindeutig entscheidest, ob es sich bei einem Satzteil um ein Genitivobjekt handelt oder nicht.
Genitivobjekte finden
Genitivobjekte erkennt man immer anhand des zentralen Verbs eines Satzes. Ungünstigerweise machen es uns diese Verben schwer. Man kann an ihnen nicht direkt ablesen, ob sie ein Genitivobjekt benötigen. Man muss sich also für jedes einzelne Verb merken, ob es eins benötigt. Daran führt kein Weg vorbei. Das ist auch für Deutsche schwer, denn Genitivobjekte kommen nicht mehr so häufig vor und werden manchmal durch ein Akkusativobjekt oder ein Präpositionalobjekt ersetzt. Der Vorteil ist aber auch, dass man sich nicht mehr so viele Verben merken muss. Am besten schreibst du jetzt gleich die folgende Liste mit den Verben ab und lernst sie auswendig, um treffsicher Genitivobjekte zu erkennen und zu bilden.
Verben mit Genitivobjekt
Die folgenden Verben benötigen ein Genitivobjekt: anklagen, berauben, beschuldigen, bezichtigen, entbinden, überführen, verdächtigen, belehren, gedenken, bedürfen, entbehren, sterben, verweisen, würdigen, zeihen, sich versichern, sich annehmen, sich bemächtigen, sich bedienen, sich enthalten, sich entledigen, sich erbarmen, sich erfreuen, sich erinnern, sich erwehren, sich rühmen, sich schämen, sich unterziehen, sich vergewissern.
Du merkst, viele dieser Verben kommen aus der juristischen Fachsprache. Das Genitivobjekt bei diesen Verben wird darum auch „Genitivus criminis“ genannt.
In der folgenden Tabelle ein paar Beispielsätze mit diesen Genitivverben:
anklagen | Er wurde des Mordes angeklagt. |
berauben | Sie wurden ihrer Freiheit beraubt. |
beschuldigen | Das Opfer beschuldigte sie des Diebstahls. |
entbinden | Der Chef entband ihn seiner Aufgaben. |
sterben | Das Kaninchen ist eines natürlichen Todes gestorben. |
würdigen | Man würdigte ihn seiner guten Taten. |
versichern | Der General hat sich der Loyalität der Soldaten versichert. |
sich bemächtigen | Er konnte sich der Herrschaft bemächtigen. |
sich rühmen | Sie rühmt sich ihrer Vorfahren. |
sich unterziehen | Alle müssen sich einer sorgfältigen Überprüfung unterziehen. |
Du siehst, jedes dieser Verben sorgt dafür, dass dem Satz ein Satzglied im Genitiv hinzugefügt wird. Dabei handelt es sich um ein Genitivobjekt.
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass im Satz „Der General hat sich der Loyalität der Soldaten versichert“ zwei Genitive stehen? Trotzdem handelt es sich nur um ein großes Genitivobjekt, denn „der Soldaten“ ist kein Satzglied, sondern nur Satzgliedteil. Das kannst du mithilfe der Permutationsprobe herausfinden. Und weil Genitivobjekte immer ganze Satzglieder sind, nie Satzgliedteile, kann es sich bei „der Soldaten“ auch nur um einen Genitiv im größeren Genitivobjekt „der Loyalität der Soldaten“ handeln. Es ist ein Genitivattribut.
Unterschied zwischen Genitivobjekt und Genitivattribut
Genitivobjekt und Genitivattribut kann man leicht verwechseln. Denn beide stehen im Genitiv. Im folgenden Lernvideo und im dazugehörigen Beitrag erkläre ich genau den Unterschied.
Quellen
Ten Cate, A. P., Lodder, H. G., & Kootte, A. (2004). Deutsche Grammatik. Eine kontrastiv deutsch-niederländische Beschreibung für den Frendsprachenerwerb, 2.
Hentschel, E. (2010). Genitivobjekt. In E. Hentschel (Hrsg.), Deutsche Grammatik. Walter de Gruyter.