Was sind Synonyme?

Synonyme sind Wörter mit gleicher Bedeutung, wie „prüfen“ und „kontrollieren“. Sehen wir uns einmal genau an, was „gleiche Bedeutung“ genau heißt.

Lernvideo: Was sind Synonyme.

Neben dem Begriff „Synonym“ werde ich auch die Begriffe „monosystematisch“, „gleiche Distribution“ und „partielle Synonymie“ erklären. Wir gehen also so richtig sprachwissenschaftlich an das Thema heran.

Für dieses Video benötigst du ein wenig Vorwissen. Dir sollten die Begriffe „Signifikant“ und „Signifikat“ etwas sagen, zwei Begriffe von de Saussure, die das sprachliche Zeichen beschreiben.

Eindeutige Kopplung zwischen Form und Bedeutung

Stell dir jetzt einmal vor, du wolltest eine neue Sprache erfinden. Dann wäre es logisch, dafür zu sorgen, dass jedes Zeichen eine eindeutige Kopplung zwischen Form und Bedeutung hat. Ich erkläre diesen Gedanken jetzt aber noch einmal ohne Fachbegriffe.

Ein sprachlicher Ausdruck, sagen wir jetzt der Einfachheit halber „ein Wort“, hat eine Bedeutung, einen Inhalt sozusagen, und es ist auch festgelegt, wie es geschrieben oder gesprochen wird. Das nennen wir die „Form des sprachlichen Zeichens“. Im Idealfall hat also jede Bedeutung auch nur eine geschriebene und gesprochene Form und jede Form auch nur eine Bedeutung. Man sagt dazu, dass die Beziehung zwischen beiden „monosystematisch“ ist. In beide Richtungen eindeutig also.

Sprachen sind nicht monosystematisch

Alle Sprachen, die wir Menschen sprechen (natürliche Sprachen also), sind allerdings nicht monosystematisch, wie es eigentlich zu erwarten wäre. Sie haben teilweise für ein und dieselbe Bedeutung mehrere Formen. So kann ein „Forscher“ genauso gut auch als „Wissenschaftler“ bezeichnet werden. Beide Wörter haben dieselbe Bedeutung, aber es gibt zwei Formen: Einmal sagt man „Forscher“ und einmal „Wissenschaftler“. „Forscher“ und „Wissenschaftler“ sind Synonyme. Gemeint ist nämlich dasselbe, geschrieben und gesprochen werden die Wörter anders. Es gibt also mehr Formen, als es Bedeutungen gibt. Ziemlich unpraktisch, könnte man jetzt denken, dazu aber am Ende des Videos noch mehr.

Wie findet man Synonyme?

Um Synonyme zu finden, kann man einen Test anwenden. Man formuliert einen Satz mit dem Wort, um das es geht, und ersetzt nur dieses eine Wort durch ein potenzielles Synonym. Wenn die Bedeutung des Satzes gleich bleibt, trotz Auswechseln des Wortes, dann handelt es sich tatsächlich um ein Synonym. Man spricht dann davon, dass die zwei Wörter eine gleiche Distribution aufweisen. Dazu ein Beispiel:

Die Wohnung ist im dritten Stock – Die Wohnung ist in der dritten Etage.

Was haben wir gemacht? Wir haben „Stock“ durch „Etage“ ausgetauscht und dabei den Artikel angepasst. Dass der Artikel angepasst wird, ist in Ordnung, weil es uns nicht um die Grammatik geht. Wir merken, dass die Bedeutung trotz des Auswechselns des Wortes gleich bleibt. „Stock“ und „Etage“ sind also Synonyme.

Wann handelt es sich nicht um Synonyme?

Jetzt ein Gegenbeispiel:

Die Wohnung ist sauber – Die Wohnung ist groß.

„Sauber“ durch „groß“ ersetzt, ergibt einen neuen Satz mit einer ganz anderen Bedeutung. „Sauber“ und „groß“ sind keine Synonyme. Sie weisen nicht die gleiche Distribution auf.

Jetzt gehen wir aber noch einen Schritt weiter. Die meisten werden mir wohl zustimmen, dass „Angst“ und „Furcht“ Synonyme sind. Wenn wir aber den Test anwenden und uns die Distribution dieser Wörter ansehen, dann fällt etwas auf.

Ich habe Angst. – Ich habe Furcht.

„Angst“ und „Furcht“ sind anscheinend nicht einfach so auswechselbar, sondern können manchmal in einer anderen Umgebung stehen. Man kann sagen: „Der Film macht mir Angst“, aber nicht „Der Film macht mir Furcht“. Während man sehr wohl sagen kann: „die Furcht vor den Anschlägen“ und „die Angst vor den Anschlägen“

Man kann die beiden Wörter also nicht einfach so ersetzen. Sie stehen also nicht ganz in gleicher Distribution, weil es sehr feine Bedeutungsunterschiede gibt. „Angst“ bezieht sich eher auf eine Grundemotion, während sich „Furcht“ eher auf ein Objekt richtet, das eine äußere Gefahr darstellt.

Und so ist es oft! Echte Synonyme sind nur schwer zu finden, da man je nach Kontext doch nur eines der beiden Synonyme verwenden würde. Die meisten Synonyme sind deswegen auch nur partielle Synonyme. Ihre Bedeutung stimmt nur teilweise überein.

Genau genommen sind auch „Etage“ und „Stockwerk“ nur partielle Synonyme, denn „Etage“ würde eher eine Person mit gehobenem Sozialstatus verwenden. „Brötchen“, „Wecken“ und „Semmel“ sind auch eher keine Synonyme, da ihre Verwendung stark durch die Region beeinflusst wird. Man kann in Köln beim Bäcker versuchen „Semmeln“ zu bestellen, aber wahrscheinlich wird die Person hinter dem Tresen erst einmal stocken. Und drittens ist auch oft der Stil entscheidend. Anstatt „alt werden“ würde in einer Zeitung wohl eher „altern“ stehen. Das sind dann wohl auch die drei Hauptgründe, warum es überhaupt Synonyme gibt.

Warum gibt es so wenige „echte“ Synonyme?

Echte Synonyme sind selten, partielle Synonyme kommen viel häufiger vor. Das lasst sich mit dem Prinzip der Ökonomie erklären. Linguisten meinen damit, dass Sprecher und Hörer mit dem geringsten Aufwand kommunizieren möchten. Synonyme würden dem Prinzip im Wege stehen, denn es verbraucht Wortspeicher im Gehirn, um sich „doppelte“ Wörter zu merken. Dies könnte der Grund für das spärliche Vorkommen der Synonyme sein.

Im Idealfall ist Sprache also monosystematisch. Aber durch regionale Unterschiede, sozialen Status und Stil gibt es neben einer Form für einen Inhalt mehrere Formen, also Synonyme.

Quellen

Hentschel, E. (2010). Synonymie. In E. Hentschel (Hrsg.), Deutsche Grammatik. Walter de Gruyter.

Spillmann, H. O. (2000): Einführung in die germanistische Linguistik. Langenscheidt.

Schlobinski, P. (2014). Grundfragen der Sprachwissenschaft: eine Einführung in die Welt der Sprache (n) (Vol. 4125). UTB.

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