„Wegen dem Sprachwandel verfällt die deutsche Sprache. Aber egal, gönn dir!“. Ist dir was aufgefallen? Das war ein kleiner Einblick in den aktuellen Sprachwandel anno 2020. Darf man so mit der deutschen Sprache umgehen?
Ob man so mit Sprache umgehen darf? Die Linguistik ist da eindeutig. Sie ist keine Sprachpolizistin, die vorschreibt, was man nicht und was man wohl sagen oder schreiben darf. Linguistik hat zur Aufgabe, die Sprache zu beschreiben. Die Entscheidungen, was akzeptiert wird und was nicht, trifft die Sprachgemeinschaft selbst, also die, die Sprache verwenden. Aber warum eigentlich? Muss die deutsche Sprache nicht geschützt werden?
Wenn man sich diese Frage stellt, muss man sich auch fragen, gegen wen und wogegen die deutsche Sprache eigentlich geschützt werden muss. Gegen unerwünschte Einflüsse auf die Langue, zum Beispiel aus dem Englischen? Oder nicht? Wer bringt diese unerwünschten Einflüsse denn ein? Es sind die eigenen Sprecher der deutschen Sprache, die neue Strukturen und Wörter immer häufiger anwenden. Das aber bedeutet, dass eine Sprache nur vor unerwünschten Einflüssen zu schützen ist, indem sie vor ihren eigenen Sprechern geschützt wird. Das ist ein Widerspruch in sich selbst, denn eine Sprache ist nur dann und nur so lange lebendig, wie sie gesprochen wird. Eine Sprache vor unerwünschten Einflüssen zu beschützen, wäre demnach das Todesurteil einer Sprache.
Das klassische Latein und das klassische Griechisch sind Beispiele hierfür. Deren Systeme sind unveränderlich und ein für alle Mal weiteren Einflüssen entzogen. Nur haben diese Sprachen den Nachteil, dass sie eben tot sind, es gibt keine Sprecher mehr, die sie verändern können, denn das Kriterium jeder lebendigen Sprache ist die Veränderung. Sprachen sind hochkomplexe Erscheinungen, die sich in ständiger Veränderung befinden. Und diese Veränderungen werden durch Sprecher angetrieben. Die Einwirkung der Parole auf die Langue. Die Langue ist kein statisches, sondern ein dynamisches, ein veränderliches und veränderbares System. Einen Verfall der deutschen Sprache kann es somit auch nicht geben.
Quellen
Jackendoff, R. (2006). How did language begin. Linguistic Society of America, 8, 16.